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Bewegter Boden

Thomas Spötzl • 4. April 2024

Boden, der bewegt.

Ansicht der Baustelle mit Blick auf aufgereihte Baufahrzeuge. Im Hintergrund der bayerische Wald.

Seit dem 2. April wird der Boden nicht mehr nur archäologisch untersucht oder zur Vogelvergrämung abtrassiert, sondern die Humusschicht wird abgetragen und abtransportiert.


Die Genehmigung dazu wurde vorab erteilt, das heißt, die eigentliche Baugenehmigung steht noch aus und wird nachgeliefert. Es besteht kein Zweifel an deren Erteilung, wozu also noch warten? Alle wollen dieses Werk und es wird sicher keine Probleme geben. Wie mit Bedenken öffentlicher Träger und Privatleuten verfahren wird, haben wir in Auslegung 1 und 2 bereits erfahren dürfen. Wisch und weg! Abwägungsentscheidungen sind einfach, wenn man weiß, wie das Ergebnis auszusehen hat. Schwierig ist lediglich, das ordentlich zu begründen. Aber dafür hat man ja einen Anwalt. Der scheint von seiner Aufgabe nur mäßig begeistert zu sein und dementsprechend mäßig fallen die Begründungen aus. Hauptsache die Rechnung ist nicht mäßig. Die Vorhabenträgerin hats doch.


Abgetragen werden ca. 250.000 Kubikmeter Humus. Das entspricht 25.000 Lastwagenladungen. Der Abtrag erfolgt total schonend durch den Einsatz besonderer Schürfraupen. Das suggeriert, dass alles völlig problemlos und total gut von Statten geht. Da muss man sich keine Sorgen machen. Bitte weitergehen! Es gibt nichts zu sehen. Konzernkommunikation vom Feinsten. Die Presse plappert willig eins zu eins nach. Nachfragen und Recherche kosten nur Zeit und es interessiert ja eh keinen.


Ein Teil verbleibt bis auf weiteres auf dem Gelände. Der Rest wird über öffentliche Straßen zu Kiesdeponien in der Region verfrachtet und zur Renaturierung der Flächen verwendet, die anschließend wieder als landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung stehen sollen. Derartig renaturierte Flächen sind aber nicht ansatzweise so fruchtbar wie das Original. Was Mutter Natur in tausenden von Jahren geschaffen hat, kann der Mensch nicht so einfach in ein paar Wochen mit Kipplastern nachmachen.


Ein Teil des Humus soll an interessierte Landwirte zur Aufwertung schlechterer Böden abgegeben werden. Das klingt super. Guter Boden von hier nach da und alles gut. Das funktioniert in der Praxis so leider nicht. Humus ist ein Biom, das nur sehr vorsichtig auf Felder, die ja ein eigenes Biom darstellen, ausgebracht werden darf. Humus funktioniert hier im Prinzip wie Dünger. Man darf nur eine bestimmte Menge aufbringen und dann benötigt es Zeit bis sich die darin enthaltenen Stoffe, Bakterien, Pilze etc. „auflösen“ und etwas Verwertbares daraus entsteht. Die Ernten direkt nach der Ausbringung von Fremdhumus sind oft schlechter als sie ohne gewesen wären. Alles nicht so einfach wie in der Pressemeldung suggeriert.

Einschnitt in den Boden an einer Baustelle. Mehr als 50 cm dunkler fruchtbarer Oberboden auf einer Lehmschicht.

Was sich noch am Boden bewegt, ist der Verkehr. Nach den 25.000 LKW allein zum Bodenabtrag, kommt ja noch der eigentliche Baustellenverkehr in vermutlich ähnlicher Stärke. Ist der vorbei, kommt die Produktion. Parallel dazu dann die Bauarbeiten für Abschnitt 2.


Aber auch hier muss sich der gemeine Bürger keine Sorgen machen…sagt das von BMW finanzierte Verkehrsgutachten: „Auch bei Vollauslastung des Werkes kommt es nicht zu einer Überlastung der vorhandenen Verkehrswege.“ wird BMW-Sprecher Marxt zitiert. Was genau „Überlastung“ bedeutet, ist nicht ganz klar definiert. Für das Straßenbauamt Passau sind 15.000 Fahrzeuge pro 24 Stunden auf der B8 die Nenngröße. In den letzten Verkehrszählungen waren es ca. 8.000 Kfz/24h um Straßkirchen rum und mittendurch. Plus 7.000 wären also nominell „keine Überlastung“.


Neuerdings wird der Verkehr auch nicht mehr „ausschließlich über die B8 nach Plattling“ geleitet, sondern „gleichmäßig in der Region verteilt“. Keine besondere Schonung mehr für Straßkirchen, jetzt wo der Bürgerentscheid durch ist und deutlich wird, dass eine einseitige Verkehrslenkung wegen Ungerechtigkeit nicht haltbar ist.


„Umfassende Schallschutzmaßnahmen“ werden versprochen. Laut Maßgaben aus dem Raumordnungsverfahren sind die Belastungen für Anwohner weitestmöglich zu reduzieren. Die Frage hier ist nur, wie die entscheidenden Behörden das interpretieren und umsetzen wollen. Offenbar glaubt man hier nicht so sehr an die eigenen Fähigkeiten und so können „ab 2027“ dann Besitzer betroffener Häuser einen Zuschuss für den Einbau von Schallschutzfenstern beantragen. „Ob die BMW-Group sich daran finanziell beteiligt, wird im weiteren Projektverlauf entschieden.“ (BMW „Miteinander im Gespräch“)


„Hier ist etwas Geld zum in die Ohren stopfen. Aber nur kleine Scheine. Die dichten ja auch besser.“


Wie viele Schallschutzfenster braucht man, um seinen Garten zu isolieren? Ungeklärte Fragen, aber Wohlstand muss ja nicht bedeuten, dass einem auch wohl ist zuhause.


Derweil sind schon die ersten Logistikhallen für Zulieferer genehmigt, z.B. in Kirchroth an der A3 und im Industriegebiet Straubing-Sand, nicht an der A3, sondern „verkehrsgünstig gelegen“, wenn man durch Straßkirchen zum Werk will.


Antwort des Planungsverbandes auf diesbezüglich eingereichte Bedenken: „Das ist nicht Bestandteil dieses Bebauungsplanes.“


Klar, aber es ist eine logische Konsequenz dieses Vorhabens, die offenbar sofort wirkt, während der Reichtum durch Gewerbesteuer noch einige Jahre auf sich warten lassen wird.


Bitte weitergehen! Es gibt nichts zu sehen. Alles wird gut! Irgendwann. Für irgendwen.


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