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Schicksalswahl

Thomas Spötzl • Sept. 18, 2023

Ein Dorf entscheidet über das Schicksal Bayerns?

Das Schicksal ganz Bayerns, vielleicht ganz Deutschlands, liegt in der Hand einiger weniger Dorfbewohner. Nicht weniger als die Zukunft steht auf dem Spiel! So wird es zumindest behauptet von Politik und Konzern. Beide im Wahlkampfmodus. Diese Dorfbewohner sollten eigentlich gar nicht gefragt werden, ob sie ein riesiges Industriegebiet vor die Nase gesetzt bekommen möchten. Großkonzern, Großgrundbesitzer und Politik waren sich im Hinterzimmer bereits einig. Dabei wurden raumordnerische Belange einfach übersprungen und mögliche Alternativen schnell fallen gelassen, um es dem Konzern möglichst gefällig zu machen. Der einfache Bürger sollte nur noch applaudieren. Jetzt wird ihm medial das Gewicht der Welt auferlegt, um eine bestimmte Entscheidung zu begünstigen.


Für die Anwohner geht es um eine Jahrhundertentscheidung. Wird das Werk gebaut, ist nichts mehr wie vorher. Es gibt kein zurück. Die Region und damit der ureigene Lebensbereich wird unwiederbringlich verändert sein. Vom Land zur Industrie- und Logistikzone in zwei Jahren. Wo andere Regionen langsam wachsen durften, wird hier diese Entwicklung gewaltsam übergestülpt.


105 Hektar bester Ackerfläche wird bis zu fünf Meter tief abgetragen. Gewachsen in mehreren Tausend Jahren nach der letzten Eiszeit. Zerstört in wenigen Monaten. Ersetzt durch unzählige Tonnen Kies, Beton, Stahlpfeiler und die für den modernen Industriebau so üblichen monumentalen Blechhallen. Vorerst beschränkt auf 13 Meter Gebäudehöhe. Das entspricht einem vierstöckigen Wohnhaus. Zwei Stockwerke mehr auf bis zu 20 Meter dürfen es werden in späteren Phasen. Mehr als fünf Kilometer Umfang wird das Gelände haben. Mehr als eine Stunde muss man gehen für eine Umrundung. In etwa anderthalb Minuten fährt man mit dem Auto auf der B8 am Werk vorbei und wird nach Süden hin sonst nichts mehr sehen. Bei viel Verkehr sind es vielleicht auch mehr als zwei Minuten.


Der Verkehr wird sich um das Werk konzentrieren. Sechs Tage (und Nächte) die Woche werden die LKW an- und wieder abfahren. 650 rein und 650 wieder raus, so die Berechnungen von BMW für den Vollbetrieb. Dazu deutlich mehr als 100 Busse für die Arbeiter. Trotz Werksbussystem wird mit 1.000 PKW pro Schichtwechsel gerechnet. Rein und raus. In 24 Stunden also 6.000 PKW, ca. 170 Busse und 1.300 LKW.


Die B8 um Straßkirchen ist derzeit mit ca. 8.000 Fahrzeugen, davon ca. 1.500 LKW, pro 24 Stunden belastet. BMW sorgt für eine beinahe Verdoppelung des Verkehrs. Das wird auch eine Umgehungsstraße nicht kompensieren, die frühesten im nächsten Jahrzehnt gebaut wird, wenn überhaupt. Selbst mit ihr werden nur noch mehr Menschen belastet, noch mehr Ackerboden zerstört, noch mehr Fluren zerschnitten, noch mehr Wartungskosten erzeugt. Es wird alles mehr werden, nur nicht besser.


Viele Arbeitsplätze werden genannt als Argument. Tatsächlich werden nicht mehr als 30% der Stellen neu geschaffen. 70% der Beschäftigten ändern lediglich die Pendelstrecke. Dabei sind in der Region die Arbeitskräfte rar. Läden und Betriebe werden geschlossen wegen Personalmangel. Fast jede zweite Lehrstelle bleibt unbesetzt. Das wird sich die nächsten 15 Jahre noch deutlich verschärfen, wenn ein Drittel, der jetzt noch Erwerbstätigen in Rente geht und es gar nicht genug junge Menschen gibt, um diese zu ersetzen.


Versprochen werden Millionen an Gewerbesteuer. Angesichts der Belastungen ist das kein Reichtum, sondern ein Trostpflaster! Die Aufteilung zwischen den beiden Gemeinden wird eisern geheim gehalten. Der Großteil bleibt nicht in Straßkirchen. Das wissen wir. Wie das gerecht sein soll, wissen wir nicht. Der Bürger darf jetzt entscheiden, wissen darf er aber nichts.


Die Bürger sollten hier nicht mündig sein, aber jetzt haben wir ihnen eine Wahlmöglichkeit erstritten. Jetzt wird  Druck gemacht, so zu entscheiden, wie es einigen Wenigen, aber Mächtigen, günstig erscheint. Geld und Arbeitsplätze für das Volk! Zukunft oder Verderben. Immer droht der Niedergang. Mit Angst lenkt man Leute.


Aber die Zeiten ändern sich. Die Angst vor einem "Weiter so wie immer" wird langsam größer als die Behaglichkeit des Bekannten.


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