Die Aussagen von Landrat Laumer und Straßkirchens Bürgermeister Hirtreiter in den Interviews letzte Woche lieferten reichlich Stoff, an dessen Aufarbeitung ich mich hier mache.
Eine Hauptsorge der Bewohner der zukünftigen "Industriezone Straßkirchen-Irlbach" ist die unweigerliche Zunahme des Verkehrs. Auf Nachfrage antwortet Landrat Laumer:
"Seit vielen Jahrzehnten arbeiten wir an einer Umfahrung in Straßkirchen, weil es der einzige Ort im Landkreis ist, durch den eine Bundesstraße geht. Natürlich muss man alle rechtlichen Verfahren abwickeln. Aber ich bin sehr zuversichtlich, dass die Umgehung vielleicht schneller passiert, als es jetzt gegebenenfalls wäre."
Bürgermeister Hirtreiter fügt hinzu:
"Wir haben es geschafft, dass wir im Bundesverkehrswegeplan in den erweiterten Bedarf mit Planungsrecht aufgenommen wurden. Dadurch, dass eine BMW-Ansiedlung in greifbare Nähe rückt, ist die Umgehungsstraße ein besonderer Fokus. Dass der Schwerlastverkehr zunimmt, liegt an den Logistikzentren in Wallersdorf. Im Moment werden drei Varianten geprüft. Und die Aussage vom zuständigen Staatlichen Bauamt Passau ist, dass bis in wenigen Monaten die Trassenfestlegung erfolgt. Außerdem ist von BMW zugesichert, dass Vereinbarungen getroffen werden, dass die Routen vertraglich festgelegt und die Einhaltungen regelmäßig überprüft werden - auch bereits während der Bauphase."
Ich füge hinzu: Alles, was hier gesagt wird, ist nicht falsch, aber es wird halt auch viel nicht gesagt.
Von manchen wird schon seit Jahrzehnten eine Umgehungsstraße gefordert. Seit Jahrzehnten hat es nie für eine Bewilligung einer solchen gelangt. Aus Sicht der amtlichen Straßenbauer in Passau ist der Verkehr auf der B8 in dem Bereich "unterdurchschnittlich". Die bayerischen Bundesstraßen sind mit einem DTV (Durchschnittlicher Täglicher Verkehr in 24 Stunden) von 10.000 belastet. Um Straßkirchen sind es aktuell ca. 8.000 Fahrzeuge (KFZ und LKW). Daten zur neuesten Verkehrszählung noch ausstehend. Für die Verkehrsprofis ist das selbst mit BMW einer millionenschweren Baumaßnahme eigentlich unwürdig, wenn es denn nicht direkt durch das Dorf ginge. Ortsansässige Pendler zählen anders als die Statistiker des Amts. Die zählen nur LKW und Rübenlaster morgens um 7 Uhr, die nicht zu überholen sind. Theorie und Praxis.
Deswegen hat es die Ortsumgehung Straßkirchen bislang auch lediglich in den erweiterten Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2016 geschafft. Das heißt, man durfte zumindest mal anfangen zu planen. Ohne Gewähr. Würde hier alles seinen normalen Gang gehen, würde die nächsten 10 Jahre (oder mehr) vermutlich nichts gebaut werden. Gut Ding will Weile haben und vordringlicher Bedarf sticht nun mal den erweiterten.
Jetzt müsste das Vorhaben in den vordringlichen Bedarf wechseln. Davon habe ich aber noch nichts gehört, auch nicht in der Gerüchteküche. Lediglich, dass eine übergreifende Arbeitsgruppe gegründet wurde, die zusammen härter und effizienter beraten und planen, als dies bislang getan wurde. Herr Laumer "hofft" und "ist zuversichtlich", aber tatsächlich wissen wir noch rein gar nichts zum konkreten Zeitplan der Umgehung. Geht auch schlecht, da noch nichts konkret ist.
Je mehr Raum für Interpretation man hier lässt, desto mehr können die Menschen ihre Wünsche und Träume hinein projizieren.
Es schwingt hier immer so mit, wenn BMW baut, wird die Umgehungsstraße direkt mitgeliefert. Dem ist aber nicht so! Das ist alles weitaus komplizierter und langwieriger und wird niemals so schnell fertig, dass nicht über Jahre hinweg eine Doppelbelastung auftreten wird. Auch nicht mit viel Lobby Liebe.
Die Trassenfestlegung erfolgt auf die Süd-Variante. Die anderen sind keine wirkliche Alternative. Da darf man sich keinen Illusionen hingeben! Die Umgehungsstraße wird das Mehr an Verkehr schön auf die Anwohner des südlichen Ortsrandes und Haberkofen umlegen. Der mit alleiniger Mehrheit in Straßkirchen herrschenden CSU-Fraktion war lange nicht bewusst, dass es hier Menschen geben könnte, die nicht so glücklich über diese Form der Bürgerbeteiligung sind.
Jetzt will man die Bürger milde stimmen, in dem man ihnen versichert, aller Verkehr...also 80% davon...würde ausschließlich über den östlichen Teil der B8 nach Plattling abgewickelt. Zumindest die Bürger von Stephansposching stimmt dies aber gar nicht milde. Mit denen hat auch noch keiner wirklich geredet. Aus den Augen, aus dem Sinn.
Man könnte glatt meinen, weder BMW noch der Politik sei bewusst, dass dieses Vorhaben massive Auswirkungen auf das alltägliche Leben der Menschen in der gesamten Region haben wird. Deren ureigener Lebensraum, gerne auch Heimat genannt, wird nachhaltig und unwiederbringlich zu einer Industriezone transformiert, man könnte auch sagen zerstört.
Vielleicht ist es ihnen auch bewusst, aber egal.
Wir von der Bürgerinitiative "Lebenswerter Gäuboden" kämpfen seit mehreren Monaten dafür, dass den Menschen hier klar und deutlich bewusst gemacht wird, was hier geschieht und welche Tragweite das auf sie haben wird! Wir versuchen den Menschen Fakten zu liefern, so gut es eben geht, und daraus resultierende Konsequenzen zu erläutern.
Dagegen stehen in erster Linie Versprechen von Geld in Form von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuer. Befürchtungen werden beschwichtigt. Es wird schon alles nicht so schlimm werden. Seid nicht so egoistisch! Wir wollen nur Euer Bestes...
Befürchtungen werden geschürt. Wenn hier nicht gebaut wird, dann im Ausland! Alternativ: Wenn hier nicht gebaut wird, dann geht BMW zu Grunde und damit auch alle sonstige Industrie in Bayern.
Eine Befragung der Betroffenen oder gar eine Wahlmöglichkeit für diese, war nie angedacht. Es ist doch schon alles fest ausgemacht...
Wir werden diese Wahlmöglichkeit erzwingen, denn freiwillig wird sie uns nicht gegeben. Jeder aufrechte Demokrat, und sei es der größte BMW-Fan aller Zeiten, müsste uns zumindest bis zur Wahlurne unterstützen!
Thomas Spötzl
E-Mail: info@bi-gaeuboden.de
Telefon: +49 171 78 39 24 6