Am 24. März 2023 hat die BMW Group über eine Pressemitteilung verkündet, dass sie jetzt beginnen die betroffene Bevölkerung zum Bau des Werkes Straßkirchen zu informieren. In der Mitteilung wird auf die eigens erstellte Webseite verwiesen.
Da ich schon seit 29. Dezember letzten Jahres äußerst erpicht auf jeden Fetzen Information seitens der BMW Group bin, musste ich mir die Pressemitteilung und die Webseite natürlich genauestens ansehen. Was ich gefunden habe, ist ein hervorragendes Beispiel für moderne Unternehmenskommunikation. Das sollte nicht verwundern, schließlich unterhält die BMW Group eine eigene Abteilung mit gut ausgebildeten erfahrenen Profis in diesem Bereich.
Das Hauptziel der Öffentlichkeitsarbeit, wie das Thema auch genannt wird, ist das jeweilige Unternehmen gegenüber dieser Öffentlichkeit möglichst gut aussehen zu lassen. Sie ist quasi der „Schönheitsfilter der Selfie-Kamera“, oder die „Bauchweg-Unterwäsche“ der Großkonzerne.
Bei Fotos schönt man mittels Bildbearbeitung am Computer, bei Texten arbeitet man mit wohlklingenden Phrasen und schönen Adjektiven, also Wie-Wörter, die schon allein für sich positiv wirken beim Leser. So wird aus einem gewöhnlichen Arbeitsplatz ein hochwertiger Arbeitsplatz, der wohl mehr sein muss als nur gut bezahlt. Dabei ist nirgends definiert, was genau ein „hochwertiger Arbeitsplatz“ ist. Oder wissen Sie das so genau? Ich nicht, auch nicht nach einer Google-Suche. Die leitet mich zu „hochwertiger Arbeitskleidung“ oder „ergonomischer Arbeitsplatzausstattung“. Eine Lexikon-Definition zu „hochwertiger Arbeitsplatz“ gibt es aber offenbar nicht.
Schauen wir uns also mal die Sprachmittel professioneller Unternehmenskommunikation näher an!
Achtung!
Könnte (deutliche) Spuren von Spitzfindigkeiten enthalten. Ich suche hier mit der großen Lupe nach dem Haar in der Suppe, um deutlich zu machen, wie hier gearbeitet wird. Es geht mir nicht so sehr um die einzelnen Aussagen, sondern darum die Art und Weise der gesamten Kommunikation sichtbar zu machen.
Zitat: "…mehr als 1.000 attraktive Hightech-Arbeitsplätze in der E-Mobilität…"
Also ein „attraktiver“ Arbeitsplatz ist immer besser als ein unattraktiver. Auch schön, dass uns gleich gesagt wird, was für uns attraktiv ist und was nicht. Muss man nicht selber denken. Soll man auch gar nicht. Man soll so denken, wie es gewünscht ist. „Hightech“ ist auch wichtig! Nicht, dass man da noch mit Faustkeil und Tierfellen arbeiten muss. Ab wann ist jetzt ein Arbeitsplatz „hightech“, oder nicht? Ein Landwirt im modernen Schlepper, der GPS-gesteuert seine Saat ausbringt, hat auch einen Hightech-Arbeitsplatz.
Zitat: "…von speziell ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu einer Einheit zusammengefügt – in hochpräzisen Fertigungs- und Montageprozessen…"
Im Gegensatz zu unausgebildeten Hilfskräften, die schlampige Prozesse ausführen? 🤔
Zitat: "Die BMW Group sucht im Rahmen des Bauleitverfahrens aktiv den Kontakt mit den Anwohnern der Region und hat eine eigene Internetseite zum Projekt erstellt."
Die Bürgerinitiative „Lebenswerter Gäuboden“ sucht seit 19. Januar 2023 aktiv den Kontakt mit den Anwohnern der Region und hat eine eigene Internetseite zum Projekt erstellt. Sind wir jetzt ähnlich großartig wie die BMW Group oder ist diese ähnlich gewöhnlich wie wir? Die Themen auf den jeweiligen Webseiten sind jedenfalls sehr ähnlich und wirken, wie aufeinander abgestimmt. Es freut mich zu sehen, dass wir eine aufmerksame Leserschaft haben, die aktiv auf unsere Inhalte eingeht. 😉
Zitat: "Bereits für die Bauphase planen wir eine wirksame Steuerung des LKW-Verkehrs, der die Gemeinden entlastet."
Im Gegensatz zu der unwirksamen Steuerung des LKW-Verkehrs nach Wallersdorf, unter der die Anwohner der Altenbuchener Straße seit Jahren leiden? Auch schön, dass man schon „für die Bauphase“ plant und nicht erst später einsetzt. Nicht so wie üblich, mit dem Graben anfangen und dann erst fragen, wo denn die Schubkarre steht. Manchmal muss man einfach auch Selbstverständliches anpreisen! Wo die Kieslaster lang fahren werden, wissen wir allerdings immer noch nicht.
Zitat: "Zudem setzen wir uns für die Realisierung einer Umgehungsstraße für Straßkirchen ein und werden mit der Deutschen Bahn die Anbindung des Standorts an das bestehende Schienennetz prüfen."
Wie denn? Einflussnahme auf das Bundesverkehrsministerium über die Lobby? Es wird gerne behauptet, BMW bringe die Umgehungsstraße, niemand erklärt aber, wie genau hier gesetzlich definierte Prozesse und Verfahren beschleunigt (oder gar umgangen) werden sollen und können? Ich wäre da schon neugierig zu erfahren, wie unsere Regierung hier von Großkonzernen gelenkt wird. Dann würde ich meine politischen Forderungen in Zukunft gleich an BMW leiten. Die kriegen das scheinbar eher gebacken. Allerdings behauptet BMW auch nicht wirklich, die Umgehung zu liefern. Sie setzen sich lediglich dafür ein.
Anbindung ans Schienennetz "wird geprüft". Ich prüfe gleich mal den Füllstand meiner Kaffeetasse. Die Prüfung ergibt: Tasse leer. Prüfung verlief erfolgreich. Ich setze mich dafür ein, dass meine Kaffeetasse wieder befüllt wird. Jetzt müsste nur noch jemand tatsächlich etwas tun...
Zitat: "Die Visualisierung soll jedoch den Anspruch von BMW widerspiegeln, ein Werk zu bauen, das sich möglichst harmonisch in den ländlichen Raum einfügt. Klar sei aber, dass die Architektur den Standort Gäuboden widerspiegeln soll."
Es wird ein Anspruch widergespiegelt. Ein guter Wille wird demonstriert. Nichts Konkretes wird versprochen. Wir bekommen einen Traum präsentiert. Wie im Film, eine Seifenblase mit einem Bild darin, wird vor uns gehaucht. Bloß nicht anfassen! Zerplatzt leicht.
Zitat: "Statt Bäumen könnte sich im Lauf der Planung aber auch beispielsweise ein bepflanzter Wall als richtige Lösung herausstellen, um den Standort optisch so gut wie möglich in den ländlichen Raum einzupassen."
Ein bepflanzter Wall spiegelt den ländlichen Raum im Gäuboden wider? An welcher Stelle bitte? Vielleicht zwischen Autobahn A92 und BMW-Werk Dingolfing. Dort kann man bereits jetzt einen bepflanzten Wall begutachten. Die „städteplanerisch hochwertige Ästhetik“ der dahinter liegenden Werkshallen wird dadurch leider nur unzureichend verborgen. Ein bisschen so, wie sprachliche Schönfärberei einem kritischen Verstand gegenüber ziemlich durchsichtig bleibt.
Zitat: "Bei den eigenen Produktionswerken…habe BMW schon immer den Anspruch, sich architektonisch "etwas einfallen zu lassen" und die Werke in ihre jeweilige Umgebung zu integrieren…"
Ich musste herzlich lachen. Aber vielleicht habe ich einfach nur einen zu hohen Anspruch an „architektonisch in die Umgebung integriert“. Siehe Bild unten. 🤣
Thomas Spötzl
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