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LEPpische Entwicklungen

Thomas Spötzl • Juni 03, 2023

Wie verräumen wir das Land?

Roter Punkt = Mittelzentrum, Lila Punkt = Oberzentrum,
Rot gestreift = Ländlicher Raum mit Verdichtungsansätzen
Blau gestreift = Raum mit besonderem Handlungsbedarf


Seit dem 22. Mai 2023 liegen die Aufstellungsbeschlüsse zum Bebauungsplan für das BMW-Werk öffentlich aus. Jetzt wissen wir, was wir schon seit Januar geahnt hatten.


Die Begründung des Planungsverbandes verweist auf das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP), welches Straßkirchen als „Raum mit besonderem Handlungsbedarf“ einstuft. Dieses Prädikat bekommen „Teilräume…in denen nachteilige Entwicklung zu befürchten ist“. Zu entwickeln sind hier „Einrichtungen der Daseinsvorsorge, gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen. Insbesondere mehr zukunftsträchtige, qualifizierte Arbeitsplätze.“


Das klingt wie maßgeschneidert für ein Werk der BMW Group. Zumindest passt deren Rhetorik sehr gut zusammen mit dem Duktus der Staatsregierung.


Ich muss gestehen, mir war nicht bewusst in welch schlechtem sozioökonomischen und wirtschaftsstrukturellen Zustand sich die Gemeinde befindet. Mir war so, als könnte man hier sehr gut und gerne leben, alle Notwendigkeiten des täglichen Bedarfes leicht decken und auch anständig bezahlte Arbeit finden, wenn man dies denn möchte. Der Kartenausschnitt oben zeigt mir Straßkirchen und Irlbach als Raum, der von Zentren umlagert ist. Man fühlt sich ein wenig erinnert an das berühmteste aller gallischen Dörfer.

Fahrzeit nach Straubing ca. 15 Minuten. Fahrzeit nach Plattling laut Google Maps ca. 11 Minuten. BMW-Werksverkehr nicht mit eingerechnet.


Ich finde sogar besonders attraktiv die Gegebenheit, dass man das Gefühl hat, etwas ab vom Schuss zu sein. So etwas lernt man zu schätzen, wenn man mal Jahre in großen Städten gelebt hat. Die Jahre der Pandemie mit ihren Ausgangs- und Reisebeschränkungen hat bei vielen Menschen eine neue Wertschätzung für weniger dicht besiedelte Räume erzeugt. Wer mit der Möglichkeit zu Heimarbeit gesegnet wurde, sucht gerne diese Räume auf zur „Entdichtung“ der eigenen Lebensumstände. Kaum dort angekommen, wird man eingeholt von der Landesentwicklung und bekommt genau die „gleichwertigen Lebensbedingungen“ vor denen man geflohen ist.


Derweil will oder kann der Einheimische die Besonderheit dessen, was er alltäglich sieht, nicht erkennen oder sehnt sich nach dem vermeintlich grüneren Gras andernorts.


Seit 1. Juni 2023, also taufrisch, ist die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogrammes Bayern in Kraft. Da schauen wir doch mal ein wenig rein! Vielleicht finden wir ja etwas, das nicht gar so BMW-gefällig formuliert ist.


Die Stärken und Potenziale der Teilräume sind weiter zu entwickeln. Die Entwicklung ist nachhaltig zu gestalten. Bei Konflikten ist den ökologischen Belangen Vorrang einzuräumen, wenn wesentliche und langfristige Beeinträchtigung der natürlichen Lebensgrundlagen droht. Ressourcenverbrauch ist zu reduzieren. Künftige Generationen sollen an lebenswichtigen Ökosystemleistungen teilhaben können.



...insbesondere des Bodens und dessen Humusschichten...



Wir wollen Neuinanspruchnahme von Flächen in Bayern verringern. Wir wollen auch für künftige Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten.


Im Mittelpunkt stehen der Mensch und das generationenübergreifende Wohl.



...das Gesicht unseres Landes unwiederbringlich verändern...


Verdichtungsräume und ländliche Räume sollen eigenständig erhalten bleiben. Historisch gewachsene Landschafts- und Siedlungsbilder…Landschafts- und Naturräume mit ihren natürlichen Ressourcen bewahren…


Das klingt eher so, als wäre das für uns geschrieben worden. Es deckt sich jedenfalls sehr gut mit den Worten, die ich in der „Presserunde“ am Anfang des zweiten Info-Marktes an die versammelten Gemeinde- und Verbandsräte gerichtet habe:



"Wir wollen etwas bewahren, dass mit dem Bau des Werkes schlagartig und unwiederbringlich verloren gehen würde. Der Charakter der gesamten Gegend wird sich radikal verändern vom Land hin zu einer Logistik- und Industriezone. Straßkirchen wird kein Dorf auf dem Land mehr sein, sondern das da neben dem BMW-Werk. Dieser ländliche Charakter macht aber einen wichtigen Teil des Lebenswertes hier aus. Daher unser Name.“


Thomas Spötzl

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